Auf den Spuren der Strecke Hillesheim - Gerolstein

Manfred Jehnen • 6. April 2025

Auf den Spuren der Strecke Hillesheim - Gerolstein

Wir, die Eisenbahnfreunde Jünkerath, kümmern uns um die Eisenbahngeschichte des Eifel- und Moselraums. Dazu gehört natürlich auch die Aufarbeitung der Geschichte von (ehemaligen) Eisenbahnstrecken. Die nur gut 12 Kilometer lange Strecke Hillesheim - Gerolstein hat eine ganz besondere Geschichte, die im Streckenportrait kurz angerissen wird. Durch unser laufendes Buchprojekt haben wir bereits erreicht, dass die seit 80 Jahren stillgelegte Strecke in zunehmendem Maße wieder ins Bewusstsein der Menschen in der Umgebung rückt.


Nachdem ich zuletzt in Kooperation mit dem Museumsbahnhof Ahütte als Reiseführer einer Exkursion mit einem historischen Bus fungieren durfte, war es nun der Eifelverein Gerolstein, der zu einer Wanderung auf den Spuren der zweigleisigen Verbindungsbahn eingeladen hatte.


Die Resonanz war außerordentlich gut. Insgesamt 27 Männer und Frauen hatten sich bei bestem Wetter am ehemaligen Bahnhof Pelm eingefunden, um von dort aus - soweit möglich auf der alten Trasse - zum einstigen Haltepunkt Dohm (Krs Daun) zu wandern.


Diesmal übernahm unser Vereinsmitglied Helmut Bell die Aufgabe, den Wanderfreunden die interessante Eisenbahnlinie näher zu bringen. In Pelm erläuterte er mit Hilfe eines Gleisplans und anhand von Fotos die Geschichte des Bahnhofs und seiner Anlagen mit Personentunnel, Zwischenbahnsteigen, Empfangsgebäude und vielem mehr. Dann ging es los. Auf der Hochbrücke fand der nächste Halt statt. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Kasselburg und die derzeit noch vorhandenen Gleise von Eifelstrecke und Eifelquerbahn. Dass hier einmal fünf Gleise lagen, wurde den Teilnehmern wieder anhand von Fotos dargestellt.   

Unweit des Spielplatzes auf der gegenüberliegenden Gleisseite ging es weiter in Richtung Schlossbrunnen. Unterwegs machte Helmut Bell die Teilnehmer der Wanderung immer wieder auf interessante Aspekte aufmerksam, die dem unbedarften Wanderer ansonsten verborgen geblieben wären. Kurz vor dem Schloßbrunnen - etwas im Wald versteckt - liegt das Eisenbahnerdenkmal, die nächste Station der Wandergruppe. Es erinnert an ein schreckliches Zugunglück, das sich in unmittelbarer Nähe am 18.05.1897 zugetragen hatte. 

Das Eisenbahnerdenkmal am Schlossbrunnen

Ein Sonderzug mit Reservisten, bestehend aus 32 Wagen, war auf dem Weg nach Metz im damaligen Reichsland Elsaß-Lothringen. Im Zug befanden sich 1.129 Soldaten. Zwischen Oberbettingen und Pelm lösten sich hinteren Waggons des Zuges aufgrund einer gerissenen Kupplung. Als Bahnwärter den Defekt bemerkten, gaben sie die Nachricht mit Hilfe von Signalen weiter. Im Glauben, das Richtige zu tun, bremste der Lokführer seine Lokomotive ab. Der hintere Zugteil rollte weiter und prallte mit hoher Geschwindigkeit auf den mittlerweile stehenden vorderen Teil. Durch die Wucht des Aufpralls entgleisten einige Waggons, andere wurden zusammengeschoben. 


Die Folgen waren entsetzlich: ein Bremser und neun Soldaten kamen ums Leben, 18 Menschen wurden schwer und weitere 20 leicht verletzt. Die Anteilnahme der Bevölkerung war riesig und ein Jahr später wurde neben den Gleisen ein Denkmal aufgestellt, dessen Kosten durch eine Sammlung des Pelmer Kriegervereins getragen werden konnten. 


Im Jahre 1999 übernahm die Gerolsteiner Reservistenkameradschaft der Bundeswehr dankenswerterweise die Patentschaft über das Denkmal und pflegt es seitdem regelmäßig. Gleich neben dem Denkmal hat man eine Informationstafel aufgestellt, die an das schreckliche Ereignis erinnert.

Der nächste Halt der Wandergruppe fand unweit eines noch vorhandenen Widerlagers der Brücke statt, die Teil einer ganz besonderen Streckenführung war, mit der die Planer der Königlich Preußischen Eisenbahnverwaltung dafür gesorgt hatten, dass fünf Gleise (zwei Gleise der Eifelstrecke, zwei Gleise der Strecke Gerolstein - Hillesheim und ein Gleis der Strecke Andernach - Gerolstein) kreuzungsfrei in den Pelmer Bahnhof geführt werden konnten.


Dafür waren mehrere Brücken erforderlich. Wie Helmut Bell den interessierten Zuhörern erläuterte, hat eine dieser Brücken eine ganz besondere Geschichte: eine Stahlgitterbrücke, die über die Kyll führte, "überlebte" den Abbau der Strecke Hillesheim - Gerolstein. Die zweigleisige Brücke wurde von der Wehrmacht im März 1945 gesprengt und war teilweise zerstört. Aus den beiden beschädigten stählernen Brückenelementen, die in der Kyll lagen, hat man nach dem Krieg ein komplettes Element gefertigt, das bei Stadtkyll an der Strecke Jünkerath - Losheim eingebaut wurde. Es ist heute noch für den Kyll-Radweg im Einsatz.

Danach ging es auf der ehemaligen Trasse weiter, die heute als Waldweg dient. Hier kommt man am ehemaligen Gleisanschluss Rockeskyller Kopf vorbei. Deutlich erkennt man noch die Verladeanlagen, die auch über eine Gleiswaage verfügten, denn die Fracht wurde nach Gewicht berechnet.


Der nächste Streckenabschnitt wird im Volksmund "Kroatenschacht" genannt. Beim Bau der Strecke Hillesheim - Gerolstein waren zahlreiche Fremdarbeiter beschäftigt, die aus aller Herren Länder kamen. Auf diesem Abschnitt waren es vor allem Kroaten, die sich damals durch das harte Basaltgestein kämpfen mussten.


So langsam näherten wir uns der Endstation. Kurz vor dem Haltepunkt Dohm (Krs Daun) trafen wir auf die Reste einer Bahnbrücke. Den großflächigen Sprengungen, die von der Deutschen Wehrmacht noch am 5. März 1945, kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner, durchgeführt wurden, fielen die meisten der mehr als 20 Brücken der Strecke Hillesheim - Gerolstein zum Opfer.

Weil die Zeit schon fortgeschritten war, endete die Wanderung an dieser Stelle. Die Wandergruppe kehrte teilweise noch im Restaurant "Müllichs Hof" ein, der andere Teil machte sich auf den Rückweg nach Pelm.


Im nächsten Jahr wird es eine weitere Wanderung geben. Das Thema wird dann der Streckenabschnitt von Dohm bis Hillesheim sein.


Unser Dank gilt dem Eifelverein Gerolstein für die Organisation und natürlich unserem Vereinsmitglied Helmut Bell für die interessante und fachkundige Führung.

Das Hillesheimer Viadukt

Streckenportrait


Die Strecke Hillesheim - Gerolstein war Teil einer Reihe von Eisenbahnlinien, die von 1909 - 1912 gebaut wurden und die man im Zusammenhang sehen muss. Folgende Projekte wurden in dieser Zeit durchgeführt:

  • zweigleisiger Ausbau der Ahrtalbahn von Remagen bis Dümpelfeld
  • zweigleisiger Neubau einer Strecke von Dümpelfeld über Ahrdorf - Hillesheim - Lissendorf nach Jünkerath
  • zweigleisiger Neubau der Strecke Jünkerath - Losheim - Weywertz
  • zweigleisiger Neubau einer Verbindungsbahn von Hillesheim nach Gerolstein

Die Strecken waren Teil der strategischen Erweiterung des Eisenbahnnetzes im Rahmen des Schlieffen-Plans. Die Strecke Hillesheim - Gerolstein war außerdem Teil der Ruhr-Mosel-Entlastungslinie, die dem Massengüterverkehr zwischen den Industriegebieten an der Ruhr (Kohle, Koks) und Lothringen (Erz) dienen sollte.


Durch den verlorenen 1. Weltkrieg waren beide Gründe für den Bahnbau obsolet und so verlor die Strecke an Bedeutung. Zeitweise hat man den Personenverkehr sogar komplett eingestellt. Aufschwung gab es erst wieder ab 1933, als die Nationalsozialisten mit staatlichen Programmen und mit dem Westwallbau für Verkehr auf den Eisenbahnen sorgten.


Auch im Zweiten Weltkrieg war Hillesheim - Gerolstein natürlich durch Militärtransporte ausgelastet. Das Militär besiegelte schließlich auch das Schicksal der zweigleisigen Verbindungsbahn. Am 5. März 1945 sprengte die Deutsche Wehrmacht fast alle Brücken der gut 12 Kilometer langen Strecke, darunter auch das Hillesheimer Viadukt. 


Nach dem Krieg wurde die Strecke nicht wieder aufgebaut. Man entfernte den Oberbau, und riss das, was von den gesprengten Brücken übriggeblieben war, nach und nach ab. Ein tiefer Einschnitt bei Dohm-Lammersdorf  wurde ab 1975 sogar als Mülldeponie genutzt und in den Folgejahren mit rund 800.000 cbm Müll verfüllt.


Heute erinnert nur noch wenig an die Eisenbahnlinie, der von den Planern eine wichtige Rolle zugedacht worden war.


Vorläufiger Buchtitel des Buches über die Strecke Hillesheim - Gerolstein

Das Buch zur Strecke


Die Eisenbahnfreunde Jünkerath werden im nächsten Jahr ein Buch über die Strecke Hillesheim - Gerolstein herausgeben.


Uns ist es wichtig, Eisenbahngeschichte zu aufzuarbeiten und zu dokumentieren und das ist gerade bei dieser Bahnlinie notwendig und gleichzeitig eine Herausforderung. Sie bestand nur gut 30 Jahre und ist seit mehr als 80 Jahren stillgelegt. Da ist es nicht ganz leicht, noch Dokumente, Fotos und Informationen zu finden. Auch unser umfassendes Planarchiv gibt zu dieser Strecke nicht viel her.  

Dennoch haben wir im Rahmen der Recherche bereits vieles herausgefunden, was so noch nicht bekannt war. Es ist spannend und hat schon fast etwas von Archäologie und Forschung, sich einem solchen Projekt zu widmen.  


Doch was wäre das Leben ohne Herausforderungen? Das Schreiben des Buches ist eine spannende Aufgabe und ich bin sicher, dass es auch dank der Unterstützung so mancher Eisenbahnfreunde eine interessante Lektüre für unsere Leser werden wird.


Das Buch wird natürlich auch viele Informationen zu den Bahnhöfen enthalten, unter anderem zu Gerolstein, das ja eine deutlich längere Bahngeschichte hat als beispielsweise Hillesheim oder Pelm. Im Buch wird auch das Bw Gerolstein behandelt und ich kann Ihnen versprechen, dass in dem Zusammenhang einige bisher nicht bekannte Fakten veröffentlicht werden. 


Wir halten Sie auf dem Laufenden!

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