Museumsstück des Monats März 2024: Knallkapsel mit Behälter

Manfred Jehnen • 28. März 2024

Museumsstück des  Monats März 2024: Knallkapsel mit Behälter

Knallkapsel der Deutschen Bundesbahn

Es gibt Dinge bei der Eisenbahn, unter denen sich der Laie kaum etwas vorstellen kann.


Unser Museumsstück des Monats ist diesmal ein Exponat, mit dem nicht zu spaßen ist, denn es ist explosiv. Es handelt sich um eine sogenannte „Knallkapsel“. 


Über viele Jahrzehnte war die Knallkapsel ein Hilfsmittel, das zum Beispiel zur Standardausrüstung eines Streckenläufers, Bahnwärters oder Schrankenwärters gehörte. Auch die Rottenarbeiter hatten bei ihrer Tätigkeit an der Strecke immer Knallkapseln dabei. Selbst Lokomotiven mussten, soweit sie nicht nur innerhalb des Bahnhofsbereich eingesetzt wurden, Knallkapseln mitführen. So steht es zumindest im Signalbuch der Preußisch-Hessischen Staatseisenbahnen vom 1. August 1907. 


Doch was sind nun Knallkapseln und wozu dienten sie? Knallkapseln sind kleine Sprengkörper. Es gab sie in Deutschland in ovaler und runder Form. Unsere Knallkapsel ist rund und hat einen Durchmesser von 5 cm. 

 

Drei Stück davon wurden im Falle einer Gefahr für einen herannahenden Zug auf einer Schiene in einem im Signalbuch definierten Mindestabstand befestigt. Im preußischen Signalbuch waren das 15 Meter und in den Signalbüchern von 1935 bzw. 1959 jeweils 30 Meter. Mit der Anpassung wurde den erhöhten Geschwindigkeiten der Züge Rechnung getragen.

 

Wenn der Zug die Knallkapseln überfuhr, explodierten diese und zeigten dem Lokpersonal damit an, dass sofort ein Bremsvorgang zum Anhalten des Zuges einzuleiten war. Im Signalbuch findet man die Knallkapseln daher auch unter den Schutzhaltsignalen mit der Bezeichnung SH 4.

 

Auch der Mindestabstand der Knallkapseln zur Gefahrenstelle war im Signalbuch festgelegt. Was nützt schließlich ein Knallsignal, wenn der Bremsweg bis zur Gefahrenstelle nicht mehr ausreicht.

 

Der deutschen Signalordnung zufolge waren die Knallkapseln immer gleichzeitig mit einem Handsignal (rot-weiße Signalfahne bei Tag oder eine weißleuchtende Laterne bei Nacht) oder einer Haltscheibe anzuwenden.


Zum Einsatz kamen die Knallkapseln beispielsweise, wenn ein Schienenbruch bemerkt worden oder ein Fahrzeug auf der Strecke liegengeblieben war und dadurch eine Gefahr für den nachfolgenden Zug darstellte.

 

Die Knallkapseln wurden mit Hilfe der Metallbügel, die auf den Bildern oben eingeklappt sind, auf den Schienen befestigt.

 

Das Ganze sah dann auf dem Gleis in etwa so aus:

Beim Umgang mit den Knallkapseln war natürlich große Vorsicht geboten. Welche Vorschriften es für die Auslegung, die Aufbewahrung und Prüfung der Knallkapseln gab, erfährt man in einer Anlage zum Signalbuch der Deutschen Reichsbahn von 1935.



Die wichtigsten Punkte sind nachfolgend wiedergegeben:

 

Auslegung der Knallkapseln


Auf Wegeübergängen und bis zu 50 m Entfernung davon durften keine Knallkapseln ausgelegt werden. Der Aufenthalt in der Nähe explodierender Knallkapseln war strengstens untersagt. Die Bediensteten mussten sich, wenn sie keine anderweitige Deckung fanden, mindestens 50 m von ausgelegten Knallkapseln entfernt halten.


Aufbewahrung der Knallkapseln

Knallkapselbehälter

Die Knallkapseln waren in Blechbüchsen an einem allen Beteiligten bekannten und leicht zugänglichen und trockenen Ort aufzubewahren. Auf den Lokomotiven und in den Gepäckwagen mussten sie in einem Blech- oder Holzkasten untergebracht werden.


Bahn- und Schrankenwärter, Streckenläufer, die bei der Arbeit auf der Strecke befindlichen Rottenführer und die Kleinwagenführer sollten die Kapseln bei sich tragen und erhielten zu diesem Zweck eine Ledertasche oder eine Blechbüchse.


Auch unsere Knallkapsel ist natürlich vorschriftsmäßig gesichert und für Museumsbesucher aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich.


Prüfung und Ersatz der Knallkapseln

 

Die Dienststellenleiter mussten jährlich im März Knallkapseln prüfen lassen. Dafür wurde pro Lieferjahrgang eine gewisse Menge aus dem Bestand genommen und auf den Schienen befestigt, die dann von Lokomotiven befahren wurden.

 

Traten bei der Probe Versager ein oder war die Knallwirkung zu gering, so wurde der betreffende Jahrgang näher untersucht und ggf. vernichtet.

 

Die Verwendung von Knallkapseln musste dokumentiert werden, Vorräte wurden sofort aufgefüllt.

 

Durch die modernen Kommunikationsmitteln, mit denen das Lokpersonal heutzutage jederzeit über Störungen und Gefahren informiert werden kann, wurden die Knallkapseln überflüssig und am 7. Juli 1986 mit der zweiten Verordnung zur Änderung der Eisenbahn-Signalordnung von 1959 bei der Deutschen Bundesbahn schließlich abgeschafft. 

Werbung zur Unfallverhütung beim Umgang mit Knallkapseln.



Quelle: Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 19. August 1933, Nr. 37, S. 165.

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