Umsetzung des Jünkerather Roheisenpfannenwagens
Ein imposantes Zeugnis Jünkerather Eisengeschichte zieht um
Im Jahre 2002 holten die Eisenbahnfreunde Jünkerath in einer spektakulären Aktion und mit Unterstützung vieler Menschen und Institutionen einen in Jünkerath gebauten Roheisenpfannenwagen aus einem Stahlwerk in Bremen zurück an seinen Herstellungsort. Vor dem Gebäude der ehemaligen Berufsschule der DEMAG, in dem nicht nur das Eisenmuseum untergebracht war, sondern später auch das Eisenbahnmuseum Jünkerath, fand der rund 80 Tonnen schwere Stahlkoloss einen würdigen Platz.
Im Jahre 2012 verkaufte der damalige Kreis Daun das Gebäude samt Grundstück für einen symbolischen Euro an einen Privatmann. Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Das Eisenmuseum gibt es nicht mehr und das Eisenbahnmuseum ist nach Jünkerath-Glaadt umgezogen.
Am 24./25. Juni 2025 soll nun auch der Roheisenpfannenwagen umziehen, und zwar an die Park & Ride-Anlage an der Gewerkschaftsstraße, gegenüber vom Bahnhof Jünkerath. Wie man sich vorstellen kann, ist das kein einfaches Unterfangen. Es wird ähnlich spektakulär werden wie 2002. Grund genug für uns, die Geschichte um den Roheisenpfannenwagen noch einmal ins Gedächtnis der Menschen zu holen.
Jünkerath, Eisen und Eisenbahn
Jünkerath ist erst durch Eisenindustrie und Eisenbahn entstanden und groß geworden. Zeitweise standen in Summe knapp 2.000 Menschen bei den beiden Unternehmungen in Lohn und Brot. Durch Automatisierung, Rationalisierung und den dadurch verursachten Rückzug der Bahn aus der Fläche gibt es in Jünkerath seit 2006 keinen Arbeitsplatz mehr bei der Eisenbahn und seit Anfang 2023 existiert auch die Eisenindustrie nicht mehr. An die Eisenbahntradition versuchen wir als Eisenbahnfreunde Jünkerath mit unserem Museum und zahlreichen anderen Aktivitäten zu erinnern. Doch auch die Geschichte der Eisenindustrie in Jünkerath muss in Erinnerung gehalten werden. Ein kurzer Blick zurück:
Im Jahr 1687 ließ Graf Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim eine Eisenhütte in Jünkerath errichten. Die Leitung übertrug er dem Hüttenmeister Johan de L’Eau aus Ahrhütte, der dort den ersten Hochofen in Betrieb nahm. Als Brennstoff diente Holzkohle aus der Eifel, verarbeitet wurden Eisenerze aus der Region. So entstand Roheisen, das anschließend verkauft wurde.
Mit dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen im Jahr 1794 und der damit verbundenen Verstaatlichung verloren die Grafen ihren Besitzanspruch an der Hütte. In der Folgezeit prägten vor allem die Eifeler Industriellenfamilien Peuchen und Poensgen die Entwicklung des Werkes maßgeblich. Einer von ihnen, Ferdinand Poensgen, wandelte die Hütte 1868 in eine Kapitalgesellschaft um und führte den Namen „Jünkerather Gewerkschaft“ ein.
Als sich die Herstellung von Roheisen wirtschaftlich nicht mehr lohnte, wurde 1898 der letzte Hochofen stillgelegt. Der Betrieb hatte sich bereits auf Maschinenbau und Eisenguss spezialisiert – insbesondere auf großformatige Gussteile. Ein Markenzeichen waren die Transportwagen für Roheisen und Schlacke, die in vielen Hütten Europas und darüber hinaus Verwendung fanden. Sogar in Indien findet man solche Wagen mit dem markanten Schriftzug "JÜNKERATH" an den Seiten.
1936 wurde der Firmenname erweitert: „Jünkerather Gewerkschaft Maschinenfabrik und Eisengießerei“. Zwei Jahre später erfolgte die Übernahme durch die Demag. Der Name blieb zunächst bestehen, bis das Werk 1960 vollständig im Demag-Konzern aufging. Nach weiteren Eigentümerwechseln firmierte die Gießerei unter den Namen Ergocast und Vulcast. Das Unternehmen geriet immer mehr in Schieflage und musste - nach mehreren Insolvenzen - am 31. Januar 2023 endgültig die Tore schließen.
Damit endete nach über 330 Jahren die Geschichte der Eisenbahnverarbeitung in Jünkerath.
September / Oktober 2002: Ein Roheisenpfannenwagen kehrt nach Jünkerath zurück
In Jünkerath wurden viele unterschiedliche Maschinen und Maschinenteile in höchster Qualität produziert. Wie bereits erwähnt, waren es insbesondere die Transportwagen für Roheisen und Schlacke, die die Jünkerather Maschinenfabrik weltweit bekannt machten. Diese speziellen Eisenbahnwagen waren für den Transport von flüssigem Roheisen vorgesehen. Sie waren mit Schamottsteinen ausgekleidet, damit das 1.400 °C heiße Roheisen beim Transport nicht zu sehr abkühlte und außerdem die Wagen nicht beschädigt wurden.
Das Jünkerather Werk hatte einen eigenen Gleisanschluss. Dort wurden die fertigen Wagen zu Zügen zusammengestellt und über den Jünkerather Bahnhof zu ihren Empfängern, zumeist Stahlwerke, gebracht.

Einige dieser Wagen wurden auch in ein Stahlwerk nach Bremen geliefert, wo sie viele Jahre im Einsatz waren. Im Sommer 2002 entdeckte Peter Theisgen, Mitglied der Eisenbahnfreunde Jünkerath, auf einer Geschäftsreise ins Stahlwerk Bremen einige der gewaltigen Eisenbahnwagen mit einer vertrauten Aufschrift: JÜNKERATH. Für den gebürtigen Jünkerather stand sofort fest: das waren originale Roheisenpfannenwagen, wie sie einst in seiner Heimat hergestellt worden waren. Im Gespräch mit der Geschäftsführung des Werks stellte sich heraus, dass die Wagen ausgemustert waren. Man erklärte sich bereit, ein Exemplar als Ausstellungsobjekt für Jünkerath zu tragbaren Konditionen zur Verfügung stellen. Allerdings müsse der Transport nach Jünkerath in Eigenregie und auf eigene Kosten durchgeführt werden.
Ein Glücksfall – doch auch eine Herausforderung. Ein solches Fahrzeug wiegt 55 Tonnen und kann bis zu 80 Tonnen flüssiges Roheisen transportieren. Der Transport per Bahn war ausgeschlossen, da der Wagen keine DB-Zulassung hatte. Nur ein Schwertransport auf der Straße kam infrage. Trotz dieser Hürden nahm der Vereinsvorstand der Eisenbahnfreunde Jünkerath Kontakt zur damaligen Firma Demag Ergotech in Jünkerath auf – dem Nachfolger der ursprünglichen Herstellerfirma. Mit Paul Sonnen, der in den 1960er Jahren selbst an der Konstruktion dieser Wagen beteiligt war, fand sich zudem ein Unterstützer mit viel Fachwissen und wertvollen Kontakten.
Am 28. Juli 2002 wurde in Bremen der passende Wagen ausgewählt: Fahrgestell Nr. 7 mit Pfanne Nr. 87, gebaut 1966 in Jünkerath. Die Begeisterung wuchs – ebenso wie die Unterstützung. Nach mehreren Gesprächen sicherte die SMS Demag schließlich die Übernahme Kosten, sowie der Transport- und Kranlogistik zu. Am 30. Oktober 2002 war es dann so weit: Zwei Schwertransporter brachten Wagen und Pfanne über Nacht von Bremen zurück nach Jünkerath. Noch in der Morgendämmerung wurde er mithilfe eines 300-Tonnen-Krans am Eisenmuseum aufgestellt – unter dem staunenden Blick zahlreicher Zuschauer, darunter ehemalige Demag-Mitarbeiter, Eisenbahner und Schulklassen. Sogar ein Fernsehteam des SWR war vor Ort und ließ sich die Gelegenheit, ein solches Ereignis zu dokumentieren, nicht entgehen.
Den Standort hatte die Kreisverwaltung Daun zur Verfügung gestellt, das notwendige Gleis kam vom benachbarten Gelände des ehemaligen Bahnbetriebswerks Jünkerath (im Besitz von Reifen Meyer), und viele halfen tatkräftig mit: Ein Tiefbauunternehmen, ein Landwirt mit Schotter, engagierte Vereinsmitglieder. So wurde das Projekt ein Gemeinschaftswerk.
Zum Abschluss überreichte Jürgen Hecken, damals Leiter des Demag-Konstruktionsbüros, die Originalzeichnungen des Wagens feierlich an die Eisenbahnfreunde Jünkerath e.V. Seitdem steht der imposante Roheisenpfannenwagen direkt vor dem Gebäude des leider nicht mehr existierenden Eisenmuseums – ein eindrucksvolles Zeugnis Jünkerather Industriegeschichte, zurückgekehrt an seinen Ursprungsort und längst zu einem echten Blickfang geworden.
Soweit die Kurzversion. Weitere interessante Informationen finden Sie auf folgenden Seiten:
Juni 2025: Der hoffentlich letzte Umzug des Roheisenpfannenwagens
Nun, im Jahre 2025, muss der Wagen erneut umziehen, denn das Gelände, auf dem er steht, gehört mittlerweile einem Privatmann. In Abstimmung mit der Gemeinde Jünkerath wurde gegenüber des Bahnhofs, an der Park & Ride-Anlage, ein neuer Standort gefunden. Obwohl die Entfernung zum neuen Standort diesmal deutlich geringer ist als im Jahre 2002, stellt die Umsetzung des Roheisenpfannenwagens immer noch eine logistische und auch eine finanzielle Herausforderung dar. Die Logistik übernimmt dankenswerterweise die Gemeinde Jünkerath unter Leitung von Bürgermeister Norbert Bischof, die finanzielle Seite wird auf mehrere Schultern verteilt. An den Kosten beteiligen sich folgende Institutionen:
- die Kreissparkasse Vulkaneifel
- die LEPPER Stiftung
- die Bürgerstiftung Landkreis Vulkaneifel
- die Verbandsgemeinde Gerolstein
Wir sind sehr dankbar für die tolle Unterstützung und freuen uns, dass der Roheisenpfannenwagens als Zeugnis der über 330 Jahre währenden Geschichte der Eisenverarbeitung in Jünkerath erhalten werden kann.
Am 24. Juni wird der erste Teil der Arbeiten vor Ort erledigt. Der Kran wird am Römerwall aufgebaut und der Roheisenpfannenwagen auf den Tieflader gehoben. Danach wird der Kran ab- und am neuen Standort aufgebaut.
Der eigentliche Transport findet dann am frühen Morgen des 25. Juni statt. Wenn alles planmäßig läuft, werden die Arbeiten an diesem Tag gegen 15:00 Uhr komplett abgeschlossen sein. Der Transport wird durchgeführt von der Firma Steil Kranarbeiten GmbH & Co. KG aus Trier.
Weitere Details werden in Absprache mit der Gemeinde Jünkerath veröffentlicht.

Eine Anmerkung zum Schluss
Die Jünkerather Gewerkschaft, ihre Vorgänger und ihre Nachfolgerunternehmen waren über Jahrhunderte einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Tausende Menschen fanden dort Lohn und Brot. Schon allein deshalb ist es wichtig, dass die Geschichte der Eisenverarbeitung in Jünkerath nicht in Vergessenheit gerät. Lange Zeit erinnerte das Eisenmuseum daran, aber auch das gibt es nicht mehr.
Mit dem letzten Guss haben die Arbeiter des Jünkerather Werks am 10.01.2023 den "Eisenmann" Andy geschaffen, eine Statue, die heute - etwas versteckt - am Rande des Kreisverkehrs in Jünkerath steht. Mit Unterstützung unseres Vorstandsmitglieds Rainer Helfen wurde neben Andy noch eine Tafel aufgestellt, die dem aufmerksamen Besucher ein wenig über die Eisenverarbeitung in Jünkerath erzählt.
Die Beschäftigten waren stolz auf ihre Arbeit und hätten gerne weitergemacht. Die Kunden waren da, denn die Produkte aus Jünkerath waren wegen ihrer hohen Qualität immer noch gefragt. Es fehlte ein Investor, dessen Ziel nicht nur die eigene Gewinnmaximierung war, sondern das Wohl des Unternehmens und das Wohl der Beschäftigten.
Nur noch der "Eisenmann" und unser Roheisenpfannenwagen erinnern an die glorreichen Jahre der Eisenverarbeitung in Jünkerath. Zumindest das soll so bleiben.
