Besuch im Stellwerkmuseum Witterschlick

Manfred Jehnen • 8. Mai 2025

Ein schöner Nachmittag im Stellwerksmuseum Witterschlick

Manfred Jehnen im historischen Abteil des Stellwerksmuseums

Am Sonntag, dem 4. Mai 2025, war ich bei unseren Kollegen vom Stellwerksmuseum Witterschlick zu Gast. Das Museum befindet sich in den Räumen des ehemaligen Bahnhofs an der Strecke Euskirchen–Bonn und ist nur an wenigen Tagen im Jahr geöffnet – darüber hinaus nach Vereinbarung.


Wir Eisenbahnfreunde Jünkerath sind mit unserer Situation zwar zufrieden, aber angesichts der großartigen „Location“ in Witterschlick kann man schon ein wenig neidisch werden. Die Lage des Bahnhofs ist ideal, und das gesamte Ensemble atmet Eisenbahngeschichte. Empfangsgebäude, Güterschuppen und Stellwerk sind liebevoll renoviert und stehen seit 2001 unter Denkmalschutz.


2004 erwarben Albert und Annette Söhngen den Bahnhof – ein echter Glücksfall für alle Eisenbahnfreunde. Albert Söhngen, ehemaliger Fahrdienstleiter bei der Deutschen Bahn, gründete gemeinsam mit Stefan Ingenfeld – den wir noch von unserer Uniformmodenschau kennen – ein kleines Eisenbahnmuseum. Auf der Internetseite wird es als „lebendiges Anfass- und Ausprobiermuseum“ beschrieben – und das ist keine leere Floskel.


Dass das keine leeren Worte sind, konnte ich am Sonntag beobachten. Bei meiner Ankunft kam ich am Güterschuppen vorbei, der eine Außenstelle des Standesamtes Alfter ist. Eisenbahnfreundinnen und -freunde können also in der historischen Güterhalle heiraten. Am Sonntag gab es dort im Rahmen der insgesamt sehr gut besuchten Veranstaltung Kaffee und Kuchen. Neben dem Stellwerk, das seit 2011 außer Betrieb ist, hatten die Kollegen einen Stand aufgebaut, an dem man allerlei Dinge von der Eisenbahn kaufen konnte: Dienstmützen, Uniformteile, Bücher und andere Dinge wechselten dort ihren Besitzer. Die Verkäufer, die ich noch von der Uniformmodenschau in unserem Museum kannte, waren selbstverständlich stilecht uniformiert. Wer wollte, konnte sich am historischen Fahrkartenschalter über die früheren Abläufe beim Fahrkartenverkauf informieren und eine Erinnerungskarte bekommen…. oder stilgerecht ein 1. Klasse-Abteil eines Triebwagens Platz nehmen.

Das Herzstück der Veranstaltung waren jedoch die Führungen durch das Museumsstellwerk, geleitet von Stefan Ingenfeld. Das Stellwerk wurde mit großer Liebe zum Detail in den Zustand der 1960er Jahre zurückversetzt. An der Gleisseite befindet sich eine Modellbahn mit den Bahnhöfen Duisdorf, Witterschlick und Kottenforst. Gesteuert wird nicht per Computer oder Stellpult, sondern mit den originalen Hebeln und mechanischen Einrichtungen des Stellwerks.


Jeder Schritt einer Zugfahrt von Duisdorf nach Kottenforst wird anschaulich erklärt. Fragen sind ausdrücklich erwünscht, und wer möchte, darf selbst Weichen, Fahrstraßen und Signale stellen. Ergänzt wird die Präsentation durch kurze Filmsequenzen, die das Geschehen lebendig untermalen. Durch diese unterhaltsame und interaktive Form der Vermittlung wird der Anspruch eines „Anfass- und Ausprobiermuseums“ eindrucksvoll erfüllt.


Nach rund zwei Stunden spannender Eindrücke trat ich die Heimreise an – beeindruckt von dem Engagement und dem authentischen Charme dieses kleinen, aber feinen Museums.


Hintergrundinformationen


Die Strecke Bonn – Euskirchen, auch „Voreifelbahn“ genannt, wurde von der Rheinischen Eisenbahn gebaut und am 7. Juni 1880 eröffnet. Den Bahnhof Witterschlick gab es damals allerdings noch nicht. 


Doch die örtliche Gemeinde ließ nicht locker. Die Rheinische Eisenbahn wurde auf Bestreben Bismarcks 1880 verstaatlicht und nach langen Verhandlungen mit der mittlerweile zuständigen Eisenbahndirektion Cöln konnte schließlich auch in Alfter-Witterschlick ein Bahnhof gebaut und im Jahr 1903 feierlich eröffnet werden.


In den 1920er Jahren baute man die ursprünglich eingleisige Strecke Bonn - Euskirchen auf zwei Gleise aus. Wie viele andere Eisenbahnstrecken, so war auch die Voreifelbahn im 2. Weltkrieg mehrfach das Ziel alliierter Luftangriffe. Nach dem Krieg wurde das zweite Gleis entfernt und zeitweise machten sogar Stilllegungsgerüchte die Runde. Glücklicherweise kam es dazu aber nicht. Der Personenverkehr auf der Strecke wurde sogar noch ausgebaut. Beim Güterverkehr sieht es allerdings anders aus. 1990 wurde der Stückgutverkehr eingestellt und 2002, im Rahmen des Bahnhofsumbaus, auch der schon länger nicht mehr bediente Gleisanschluss der benachbarten Tonfabrik 


Im September 2009 bereits begannen an der Strecke die Arbeiten für das ESTW (Elektronische Stellwerk), welches am 17.09.2011 in Betrieb ging. Alle bisher noch vorhanden mechanischen Stellwerke in den einzelnen Bahnhöfen wurden ersetz. Das Stellwerk wurde in Euskirchen errichtet. es besteht aus einem Gebäude aus Betonfertigteilen und besitz verschiedene "Unterstationen" in den Bahnhöfen Odendorf, Rheinbach und Witterschlick. Damit wurde das Stellwerk in Witterschlick überflüssig.


Im August 2013 eröffneten Albert Söhngen und Stefan Ingenfeld schließlich das Museumsstellwerk. 


Weitere Informationen finden Sie unter: https://bahnhof-witterschlick.com


Zum Abschluss noch ein paar Impressionen von dem wunderbaren Nachmittag in Witterschlick.

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